Das traditionelle Bodenrecht
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Der Tengsoba

Allgemein wird  der Boden in Afrika als das Eigentum übernatürlicher Kräfte angesehen.
Sie haben ihn geschaffen und  machen ihn fruchtbar. Privateigentum am Boden ist nicht möglich. Jede Familie, die sich niederlassen will, muss, bevor sie den Boden urbar macht oder ein Haus baut, um das Wohlwollen dieser Kräfte bitten. Dabei fungieren die Erdherren als Mittler zwischen den Nutzern des Landes diesen Mächten. Vor der Einführung der Chefferie war es allein der Erdherr der die Beziehung zu Ahnen regelte.
Wie das Amt des Tengsoba entstand wird in Sage von Boussouma erzählt
Der Tengsoba ist eine Art Treuhänder des Kollektiveigentums Boden. Er vergibt die Nutzungsrechte an einem bestimmten Stück Land  für begrenzte Zeit an das Oberhaupt einer Familie. Der Nutzer zahlt dafür einen Obolus, im Partnergebiet meist ein Huhn und eine Geldsumme.  Der Erdherr berücksichtigt  bei der Vergabe nicht nur die Qualität  des Landes, sondern auch soziale Ungerechtigkeiten. Erdherren haben aber nicht das Recht Land dauerhaft zu veräußern.
Der Nutzer verpflichtet sich das Land „ordentlich“ zu bebauen. Ordentlich bedeutet: er richtet sich nach den Empfehlungen des Tengsobas. Hält ein Bauer sich nicht an diese Regeln etwa weil ihm Arbeitskräfte fehlen oder wenn er Baumwolle anbaut, wo der Tengsoba Hirse empfohlen hat, werden ihm die Nutzungsrechte entzogen.
Nach Fertigstellung des Bagré-Dammes wanderten Mossifamilien in das Partnergebiet ein. Sie gründeten Siedlungen in unbenutztem Gebiet und legten Felder an, ohne sich mit dem lokalen Tengsoba zu einigen. Das führte zu großen Unruhen.
Neben den Rechten hat ein Erdherr aber auch Pflichten. Als Bodenpriester obliegt ihm die Durchführung bestimmter Rituale zur Aussaat und Ernte und damit auch die Bestimmung der Aussaatzeiten und der Ernte.  Diese Aufgabe setzt weit reichende Erfahrungen mit  Niederschlagswahrscheinlichkeiten,  topographischen Verhältnissen, der Boden- und der Pflanzenkunde aber auch der Pflanzenzucht und Konservierung von Saatgut voraus.
Plant man ein landwirtschaftliches Projekt,, z.B. Einführung von Leichtpflügen, einer neuen Reissorte, Düngemethoden.. sollte man in jedem Fall die lokalen Tengsobas mit einbeziehen.
Ein Tengsoba legitimiert sich durch seine Erfolge, d.h. durch eine reiche Ernte der „beratenen“ Bauern.
Bei seiner Einsetzung erhält er einen Stab als Zeichen seiner Würde, ein rituelles Opfermesser für Tieropfer und eine rituelle Kalebasse für Trankopfer.
Versagt er, kann ihm das Amt auch entzogen werden. Seine Amtsführung wird so von der Natur jedes Jahr überprüft.
Wasserrechte sind nicht an Erdherren gebunden. Wasser ist Gemeinbesitz aller Bewohner einer Region.