To und Dolo



Dolobrauerei

Seit etwa 2000 v. Chr. wird in Westafrika Hirse angebaut. Solange gibt es auch den To.
Nach den mythischen Überlieferungen hat der Schöpfergott selbst (Naaba Wende), den Frauen (und nur den Frauen)
die Verarbeitung von Hirse (zu To und Dolo) beigebracht. Durch diese Kunst erst, wurden die Menschen
zu "richtigen" Menschen, d.h. sie verloren Schwanz und Fell. In anderen Überlieferungen hat Wende eine Frau - Napaga Tenga - und sie war es, die die Frauen unterrichtete

To (Hirsebrei):

Die Frauen zerstampfen die Hirse in einem Mörser und kochen das entstandene Mehl in Wasser. Es entsteht ein leicht grau gefärbter Kloß, der nahezu geschmacklos ist. Dazu gibt es Soßen, die aus den Blättern verschiedener Pflanzen oder auch aus Erdnüssen gekocht werden.
Das Stampfen der Hirse ist eine schwere körperliche Arbeit und kostet die Frauen wenigstens 2 Stunden am Tag. Meistens wird die Arbeit in Gemeinschaft verrichtet so bietet sich die Gelegenheit für ein Schwätzchen oder auch ein gemeinsames Lied.
In Garango-Stadt gibt es zwei Hirsemühlen. Wer sich's leisten kann bringt den Tagesbedarf an Hirse dort hin und läßt ihn, für ein geringes Entgelt, mahlen.
Angetrieben werden die Mühlen von alten Schiffsdieseln. Diese stehen ohne besonderes Fundament auf dem Boden der Mühle, ihre Vibrationen und Stöße zerstören, binnen 1 oder 2 Jahren, die Mauern des Lehmbaus.

Dolo (Hirsebier, 3% bis 4% Alkohol):

Die Zubereitung des dolo dauert ungefähr zehn Tage. Die Bierherstellung ist ein ausschließlich weibliches Privileg. Die handwerkliche Produktion erfolgt ebenso wie die industrielle in vier Phasen, nur daß dort anstelle von Hirse Gerste verwendet wird; die vier Arbeitsgänge sind; Mälzen, Darren, Brauen und Gären. Das Malz wird durch die Keimung der Hirse gewonnen. Dazu füllt man anderthalb tine (1 tine= 16 kg) Hirse in einen 150 bis 200 Liter fassenden Tonkrug. Dann wird soviel Wasser hinzugefügt, daß das Wasser ein wenig über der Hirse steht. Nach etwa zwei Tagen wird die Hirse aus dem Wasser genommen. Das Wasser wird weggeschüttet, und die feuchte Hirse kommt zum Keimen zurück in den Tonkrug.
Bei der Keimung muß darauf geachtet werden, daß die Körner nicht austrocknen. Nach zwei bis drei Tagen haben sich ein Zentimeter lange Keime gebildet. Nun breitet die Brauerin die gekeimte Hirse auf dem Boden, auf einer Strohmatte oder auf einer Terrasse in der Sonne aus. Das Trocknen dauert je nach Jahreszeit drei bis fünf Tage. Die gekeimte und getrocknete Hirse ist haltbar und kann auf Vorrat hergestellt werden. Wenn sie gebraucht wird, wird sie in einem Holzmörser
zerstampft und anschließend mit einem Reibstein ganz fein gemahlen. Dann wird das Mehl in große Tonkrüge geschüttet
(je anderthalb tine pro Behälter), die zu drei Viertel mit Wasser aufgefüllt werden.

Das Gemisch wird kräftig mit einem großen Holzlöffel umgerührt; es wird etwa einen halben Tag gekocht. Man läßt die Mischung kalt werden und ruhen und schöpft mit einer Kalebasse die Keime ab, die sich durch das Mahlen vom Korn getrennt haben und an der Oberfläche schwimmen. Danach wird die Mischung erneut einen halben Tag lang gekocht. Das geschieht auf einem speziellen Herd aus getrocknetem Lehm, in dem drei bis sechs 60 bis 100 Liter fassende Tontöpfe eingebaut sind. Es wird mit Holz geheizt. Während des Garens muß ständig kräftig gerührt werden, damit sich keine Klumpen bilden. Am Ende des Kochvorgangs wird gestoßene Rinde von Grewia fiavescens und Hibiscus esculentus hinzugefügt, was die Klärung der Brühe beschleunigt.
Nach dem Klären wird die Flüssigkeit in ein anderes Gefäß geschöpft. Der trübe und dicke Bodensatz wird durch ein Strohsieb gefiltert. Der Trester wird als Futter für die Haustiere (Schweine, Schafe) benutzt. Der letzte Kochvorgang dauert schließlich zwei bis drei Tage ohne Unterbrechung. Nach dem Erkalten wird die klare Flüssigkeit mit einer Kalebasse umgeschöpft. Der Bodensatz, der sich erneut gebildet hat, wird weggeworfen. Ein Teil dieser noch süßen Flüssigkeit wird manchmal direkt verbraucht. Erst durch das Gären wird dieses Getränk zu Bier. Dazu wird Hefe zugesetzt, die im vorangegangenen Herstellungsprozeß gewonnen und aufbewahrt wurde. Am Boden des Biergefäßes bildet sich ein
pastoser milchiger Rückstand, der in der Sonne getrocknet und in kleinen grauen Brocken an einem gut belüfteten Ort
der Weiterverwendung harrt. Bevor die Hefe der zu vergärenden Flüssigkeit hinzugefügt wird, muß sie in einer kleinen Kalebasse mit Wasser verdünnt werden. Wenn die Bierherstellerin keine Hefe zurückgewonnen hat, oder wenn die Hefe,
die sie aufbewahrt hatte, verdorben ist, kann sie entweder welche von einer anderen Brauerin kaufen oder aus der natürlichen Gärung von Bohnenmehl (nebié) gewinnen.

Der gärenden Flüssigkeit fügt die Brauerin verschiedene, oft geheim gehaltene Zutaten hinzu, die den Geschmack verbessern sollen, so daß jede Frau ein sehr persönliches Bier herstellt. Bei den Zutaten handelt es sich im allgemeinen um  Rinde (Acacia campylacantha), Früchte (Balanites aegyptica) oder Samenkörner (Datura stramonium).
Die Gärung dauert eine Nacht. Am folgenden Morgen kann das Bier verbraucht werden; es bleibt ungefähr 24 Stunden
zum Verzehr geeignet. Es ist keine traditionelle Technik bekannt, die die Stabilisierung des Hirsebieres und dadurch
eine längere Haltbarkeit ermöglicht.

 Zitiert aus: Michael Volz Hirsebier in Westafrika. In "Rausch und Realität 1" Klett-verlag 1996


300 l Dolo werden bei einem Brauvorgang  im Durchschnitt hergestellt. Dafür braucht man etwa 800l Wasser, 150 kg Holz und etwas mehr als 6 tine  Hirse (etwa 100kg). Für den Verkauf muß die Brauerin ein cabaret (buvette) einrichten, dafür braucht sie Krüge und Kalebassen, Hocker und Bänke. All dies kostet Geld. Dazu kommt noch, daß jeder der ein cabaret betritt, das traditionelle Recht (liga) auf eine Kalebasse "Freibier" hat. Dennoch erzielt die Brauerin mit 300l Dolo einen Gewinn von 50 € bis 75 €. Das Brauen ist damit die ertragreichste handwerkliche Tätigkeit, die eine Frau betreiben kann. Eine Brauerin erzielt im Mittel das Zehnfache des durchschnittlichen Jahreseinkommens.